Grenzen setzen

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“Grenzen sind wie Zäune; sie halten unerwünschte Menschen und Dinge aus deinem Leben fern.” Joyce Meyer

Wenn die Bibel davon spricht, dass wir Opfer bringen sollen, um Gutes zu tun und mit anderen zu teilen (Hebräer 13,16), dann verstehen wir das meist nur einseitig. Wisst ihr, es gibt doch dieses weises Sprichwort “Man kann von beiden Seiten vom Pferd fallen”. Und bei diesem Bibelvers erlebe ich häufig dieses Phänomen. Wir bringen Opfer, indem wir verzichten, Zeit, Kraft & Nerven investieren, immer mal wieder ein Augen zudrücken oder Ausnahmen machen. Diese “aus der Reihe fallenden” Ereignisse/Entscheidungen werden dann aber plötzlich zur Regel und zum Alltag.  Wir sind aber nicht dazu berufen, uns von anderen vorschreiben zu lassen, was wir tun sollen, um sie glücklich zu machen.

Eigene Grenzen setzen & kommunizieren

Ich habe mir nie groß Gedanken über Grenzen in meinem Leben gemacht, bis ich gemerkt habe, dass es mich erdrückt keine zu haben. Oft hatte ich das Gefühl, dass ich ausgenutzt werde oder, dass ich mich auf etwas eingelassen habe, wo ich mich im Nachhinein gar nicht wohl gefühlt habe oder, wo ich eine Sache nur durch Überreden getan habe. Ich hatte mir also nie Grenzen gesetzt, die mir helfen Entscheidungen zu treffen.

Auch im ehrenamtlichen Gemeindedienst beobachte ich häufig, dass von Mitarbeitenden immer eine permanente Erreichbarkeit und Einsatzbereitschaft verlangt wird. Da wird ein “Nein, so spät passt es mir nicht mehr” direkt als ein “Oh, du bist nicht pflichtbewusst”. Gerade im geistlichen Bereich müssen wir lernen Grenzen zu erkennen, zu kommunizieren und vor allem zu akzeptieren.

Ich habe für mich selbst einige Grenzen gefunden, die mir in meinem Alltag, meinem Job und meinen zwischenmenschlichen Beziehungen helfen.

Ein paar meiner Grenzen sind zum Beispiel:

  1. Spätestens um 22 Uhr möchte ich abends unter der Woche Zuhause sein. Warum? Mein Schlaf ist mir wichtig, weil fehlender Schlaf meine Leistung beeinflusst.
  2. Ich mag keinen spontanen Besuch. Nur wenige Menschen dürfen mich spontan besuchen. Warum? Dafür muss ich in der Vergangenheit anfangen: Ich habe mich immer schlecht gefühlt, weil es unter Christ*innen so eine Kultur ist, dass man jede*n immer willkommen heißt und eine offene Tür hat. Es kamen also immer viele Leute zu mir und sie blieben immer sehr lange. Das erdrückte mich und ich fühlte mich in meinen eigenen Wänden nicht mehr zuhause. Ich hatte keinen sicheren Rückzugsort. So eine Kultur zu leben ist super und ich bewundere Menschen, die das so authentisch können. Ich kann das nicht & das ist okay. Ich bin ein introvertierter Mensch und Besuch bedeutet für mich immer einen enormen innerlichen Kraftaufwand.
  3. Ich bin an meinen freien Tagen nicht die ganze Zeit für mein Team erreichen. Sonntags mache ich mein Handy meistens aus. Warum? Ich habe ein großes Problem Job und Privatleben zu trennen. Ich will immer up to date sein und nichts verpassen. Ich will handeln & helfen können. Diese Einstellung ist nicht gesund und raubt mir sehr viel Energie. Ich muss lernen mich hier zu distanzieren.
  4. Ich nehme keine spontanen Predigt-oder Vortragsanfragen an. Ehrenamtlich mache ich diese Dienste nur, wenn Gott es mir deutlich sagt. Warum? Oft habe ich Veranstaltungen die sehr spontan waren zugesagt und es dann noch “for free” gemacht. Ich zahlte meist am Ende des Monats noch auf meine eigenen Dienste drauf, weil ich kein Fahrtkostenerstattung bekam. Ich stand unter dem Druck alles für Gottes Reich ohne Bezahlung zu machen. So verheizen meiner Meinung nach Gemeinden und Kirchen ihre Mitarbeiter*innen aber das ist ein anderes Thema. Menschen, die im geistlichen Bereich arbeiten, verdienen mit ihrer Arbeit Geld, wie alle anderen auch. Wie jede*r andere für seinen Job bezahlt wird, habe ich ebenfalls das Recht für meine Arbeit entlohnt zu werden – auch als jemand der im geistlichen Dienst arbeitet.

Es ist wichtig, dass du anderen gegenüber deine Grenzen kommunizierst. Wenn sie deine Grenzen nicht kennen, darfst du dich nicht darüber beschweren, dass du immer wieder deine Grenzen überschreiten musst oder andere ein “Nein” z.B. nicht respektieren.

Wenn du beispielsweise immer erreichbar bist, kann es daran liegen, dass du auch einfach immer erreichbar bist. Schon einmal darüber nachgedacht?

Grenzen von anderen respektieren

Ich habe mich oft persönlich angegriffen gefühlt, wenn Menschen mir z.B. abgesagt haben, weil ich die Gründe absolut nicht verstanden habe. Wenn andere uns ihre Grenzen deutlich machen, verstehen wir meist nicht, warum sie diese oder jene Grenze so setzen. Die Grenzen deiner Freundin/deines Freundes sind vermutlich nie deine persönlichen Grenzen. Mittlerweile verstehe ich, dass andere genauso wie ich auch ihre Grenzen haben, diese aber durchaus anders aussehen. Ein guter Freund von mir ist selbstständig und arbeitet sehr viel. Er steht morgens um 5 Uhr auf und geht abends um 21:30 Uhr ins Bett. Nach 19 Uhr ist er nicht mehr für Freizeitaktivitäten mit Freund*innen verfügbar. Ich fand das am Anfang sehr spießig und habe mich darüber lustig gemacht. Heute habe ich selbst meine Grenze um meine Prioritäten zu verfolgen.

Fragen, die dir helfen können deine persönlichen Grenzen herauszufinden:

  • Wie strukturiere ich meinen Tag? Gibt es feste zeitliche Routinen, die mir wichtig sind?
  • Wie viel Zeit möchte ich in bestimmte Lebensbereiche investieren?
  • Was hilft mir mich zu konzentrieren und genug Leistung in meinem Job/Schule etc. abzurufen?
  • Wie viel soziale Kontakte tun mir gut und brauche ich in meiner Woche?
  • Wie gestalte ich meine Privatsphäre?
  • Was sind meine moralischen Prinzipien?
  • Warum nehme ich an bestimmter sozialer Interaktion teil? Habe ich Angst etwas zu verpassen?
  • Wo lasse ich bis jetzt über mich entscheiden, möchte aber eigentlich selbst entscheiden?
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